Anfang des 20. Jahrhunderts in Simancas, einem mittelalterlichen Städtchen und Hort des Königlichen Spanischen Generalarchivs: Hier lebt die elfjährige Leticia im Haus ihrer Tante. Die Mutter ist verstorben, der geheimnisvolle Vater kehrt eines Tages als Invalide aus dem marokkanischen Feldzug zurück.
Leticia — wissensdurstig, begabt, ihre Umwelt und sich selbst unerbittlich analysierend — kommt in das Haus des Stadtarchivars Don Daniel, um dort Musikunterricht bei dessen Frau Doña Luisa zu erhalten. Es entspinnt sich eine Dreieckskonstellation wechselnder Komplizenschaften, die geradewegs in die Katastrophe zu führen scheint.
Rosa Chacel geht es nicht um voyeuristische Lust am Skandal. Sie vertraut ganz auf die hellsichtige Selbsterkundung Leticias, ihren leidenschaftlichen, komplexen Charakter, der die gesellschaftlichen Grenzziehungen seiner Zeit unterläuft. Ein psychologisch meisterhaftes Porträt der Künstlerin als junge Frau.